Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 28

Band 3 - I. Einleitung in die Naturlehre - Heffte

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0
1 Einrichtung der Maschine kennen und die Chymie allenfalls die
2 Bestandtheile des Räderwercks. Aber hier fällt ein großer Unter-
3 schied zwischen menschlichen Wercken der Kunst und der Natur
4 auf. Der Künstler bekümmert sich um gute und dauerhaffte
5 Materien­ für seine Maschine, hat er die gewählt, so bekümmert
6 er sich nicht weiter um die Bestandtheile dieser Materialien. Der
7 Uhrmacher hat gar nicht nöthig zu wissen, wie die Uhrfedern
8 verfertigt werden, und noch weniger braucht es derjenige zu wis-
9 sen, der sich einen deutlichen Begrif von einer Uhr erwerben will.
10 Wäre es in der Natur so, so würde ich sagen, der Physiker be-
11 kümmert sich um die Zusammensetzung des Wercks der Chemi-
12 ker um die Bestandtheile. Aber das kan leider hier nicht ange-
13 wendet werden. In der Natur ist das was man Substantz des Rä-
14 derwercks zu weilen nennen könte, wieder Räder, und das Rad
15 daß die Maschine treibt, ist selbst eine Maschine.> |
16 47r = 15'Experimental Physik.
17 Defin. (well back’d)
18 Gräntze unserer Physik selten scharf anzugeben. So auch zwischen
19 Thier und Pflantze. Hedwig52
20 Was ist denn nun aber Experimental-Physik?
21 Man nimmt das Wort in zweyerley Bedeutung
22 Einmal versteht man darunter zuweilen diejenige Physik, die blos
23 von Beobachtungen und Versuchen ausgeht, nichts annimmt,
24 was nicht entweder durch diese unmittelbar bestättigt ist, oder
25 nach der vorschrifft einer gesunden Logik und geometrie daraus
26 geschlossen worden ist. Das ist es eben, was man nun aus den
27 Formen unseres Erkenntnißvermögens hergeleitet hat
28 Nach diesem Begrif steht sie jener verächtlichen Lehre entgegen,
29 da man, wie zum Exempel Cartesius gethan hat, die Erfahrung
30 in der Welt aus gewissen angenommen[en] Dogmen durch blose
31 Speculation erklären zu können glaubte.
32 Großes Verdienst von Kant, dieses genauer als bisher bestimmt zu
33 haben

Textkritischer Kommentar

27 31 – 28,2  Da … hier]
27erg.
textkritik 189923
645087 183079 3 1
28 18  unserer]
28für der
textkritik 189924
645088 183079 3
28 22  zuweilen]
28erg. LB
textkritik 189926
645090 183079 3
28 23  Beobachtungen]
28für Erfahrungen LB
textkritik 189927
645091 183079 3
28 25  Logik]
28danach gestr. daraus herv
textkritik 189928
645092 183079 3
28 26 – 27  Das … hat]
28erg.
textkritik 189929
645093 183079 3
28 30 – 31  angenommenen … Speculation]
28unterstr. LB
textkritik 189930
645094 183079 3

Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

450 52 
450 Vgl. Hedwig, Versuch 1784. Vgl. auch J 490: „Wer solt wohl dencken, daß ein recht bestimmter Unterschied zwischen Thieren und Pflantzen so äusserst schwer zu finden war und doch ist es gewiß, daß es keinen völlig abgeschnittenen giebt, als den, daß die Pflantzen nach jeder Zeugung die Zeugungs Glieder verliehren, und für jede neue Zeugung neue bekommen. Hierin sezt HE. Hedwig den Unterschied.“
anmerkung 189925
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Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 183079 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL VII A 12 ~ Bl. 47. 29878 3 28 16 47r siehe Gesamtregister.
0 183079 Sachregister ~ Chemie ~ Überschneidung mit der Physik. 17145 3 28 1-15 lichtenberg 1 Einrichtung der Maschine kennen und die Chymie allenfalls die Bestandtheile des Räderwercks. Aber hier fällt ein großer Unter- schied zwischen menschlichen Wercken der Kunst und der Natur auf. Der Künstler bekümmert sich um gute und dauerhaffte Materien­ für seine Maschine, hat er die gewählt, so bekümmert er sich nicht weiter um die Bestandtheile dieser Materialien. Der Uhrmacher hat gar nicht nöthig zu wissen, wie die Uhrfedern verfertigt werden, und noch weniger braucht es derjenige zu wis- sen, der sich einen deutlichen Begrif von einer Uhr erwerben will. Wäre es in der Natur so, so würde ich sagen, der Physiker be- kümmert sich um die Zusammensetzung des Wercks der Chemi- ker um die Bestandtheile. Aber das kan leider hier nicht ange- wendet werden. In der Natur ist das was man Substantz des Rä- derwercks zu weilen nennen könte, wieder Räder, und das Rad daß die Maschine treibt, ist selbst eine Maschine. siehe Gesamtregister.
0 183079 645089 Verweise ~ Sudelbücher ~ J 490. 17156 3 450 52 J 490 siehe Gesamtregister.
0 183079 Personenregister ~ Descartes, Réné ~ Physik nicht empirisch. 16930 3 28 29 lichtenberg Cartesius siehe Gesamtregister.
0 183079 Personenregister ~ Hedwig, Johann ~ Schriften ~ Versuch zur Bestimmung eines genauen Unterschiedkennzeichens zwischen Tier und Pflanze (1784). 6962 3 28 19 lichtenberg Hedwig siehe Gesamtregister.
0 183079 Sachregister ~ Natur ~ Vergleich mit menschengemachten Maschinen. 17155 3 28 2-15 lichtenberg Aber hier fällt ein großer Unter- schied zwischen menschlichen Wercken der Kunst und der Natur auf. Der Künstler bekümmert sich um gute und dauerhaffte Materien­ für seine Maschine, hat er die gewählt, so bekümmert er sich nicht weiter um die Bestandtheile dieser Materialien. Der Uhrmacher hat gar nicht nöthig zu wissen, wie die Uhrfedern verfertigt werden, und noch weniger braucht es derjenige zu wis- sen, der sich einen deutlichen Begrif von einer Uhr erwerben will. Wäre es in der Natur so, so würde ich sagen, der Physiker be- kümmert sich um die Zusammensetzung des Wercks der Chemi- ker um die Bestandtheile. Aber das kan leider hier nicht ange- wendet werden. In der Natur ist das was man Substantz des Rä- derwercks zu weilen nennen könte, wieder Räder, und das Rad daß die Maschine treibt, ist selbst eine Maschine. siehe Gesamtregister.
0 183079 Sachregister ~ Physik ~ Überschneidung mit der Chemie. 17153 3 28 1-15 lichtenberg 1 Einrichtung der Maschine kennen und die Chymie allenfalls die Bestandtheile des Räderwercks. Aber hier fällt ein großer Unter- schied zwischen menschlichen Wercken der Kunst und der Natur auf. Der Künstler bekümmert sich um gute und dauerhaffte Materien­ für seine Maschine, hat er die gewählt, so bekümmert er sich nicht weiter um die Bestandtheile dieser Materialien. Der Uhrmacher hat gar nicht nöthig zu wissen, wie die Uhrfedern verfertigt werden, und noch weniger braucht es derjenige zu wis- sen, der sich einen deutlichen Begrif von einer Uhr erwerben will. Wäre es in der Natur so, so würde ich sagen, der Physiker be- kümmert sich um die Zusammensetzung des Wercks der Chemi- ker um die Bestandtheile. Aber das kan leider hier nicht ange- wendet werden. In der Natur ist das was man Substantz des Rä- derwercks zu weilen nennen könte, wieder Räder, und das Rad daß die Maschine treibt, ist selbst eine Maschine. siehe Gesamtregister.
0 183079 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Verdienste um die Grundlegung der Physik. 17157 3 28 32 lichtenberg Kant siehe Gesamtregister.
0 183079 Sachregister ~ Philosophie, neue (Kant) ~ Erkenntnisvermögen. 15979 3 28 27 lichtenberg Erkenntnißvermögens siehe Gesamtregister.
0 183079 Sachregister ~ Experimentalphysik ~ Definition. 16933 3 28 20-26 lichtenberg Was ist denn nun aber Experimental-Physik? Man nimmt das Wort in zweyerley Bedeutung Einmal versteht man darunter zuweilen diejenige Physik, die blos von Beobachtungen und Versuchen ausgeht, nichts annimmt, was nicht entweder durch diese unmittelbar bestättigt ist, oder nach der vorschrifft einer gesunden Logik und geometrie daraus geschlossen worden ist. siehe Gesamtregister.

Abbildungen

Digitalisate

< 018307932801handschriftVNat_3VII-A-12-046r.jpg46r = 14' VII A 12, 46r = 14' >
01830793281601handschriftVNat_3VII-A-12-047r.jpg47r = 15' VII A 12, 47r = 15'
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