I. Sphärische Astronomie. 1. Von der Erde.
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1diese Ebene, oder der Umkreis derselben, der wahre Horizont, im
2Gegensatze des andern, welcher der scheinbare Horizont genannt
3wird. Allein da nicht nur der Halbmesser der Erde, sondern die
4ganze Erde selbst, gegen die unermeßliche Himmelskugel, als ein
5Punkt erscheint: so ist es in gar vielen Fällen vollkommen einerley,
6durch welchen Punkt der Erde man sich jene Ebene gelegt denkt.
7Der Horizont ist als ein größter | Kreis der Himmelskugel19
8anzusehen, und scheidet jedesmahl die sichtbare Hälfte derselben
9von der unsichtbaren. Daher auch sein griechischer Nahme, von
10οριζειν,finire, begränzen. Im deutschen heißt er der Gesichts-
11kreis, weil man nicht mehr von der Himmelskugel übersieht, als
12was von ihr über dem Horizonte ist. Im Grunde spricht man also
13ganz unrichtig, wenn man sagt: das geht über meinen Horizont,
14und damit sagen will: es gehe über meine Verstandskräfte. Man
15sollte eigentlich sagen: das geht unter meinen Horizont. Indeß da
16auch das über dem Horizonte ist, was sich unter demselben, oder
17jenseits desselben befindet: so mag man immer so sprechen.
18Als größter Kreis einer Kugel hat der Horizont seine Pole, oder
19diejenigen Punkte, die über ihm und unter ihm, | allenthalben20
20gleich weit von ihm, nämlich um 90 Grade abstehen, und wel-
21che das Zenith, oder der Scheitelpunkt und das Nadir, oder der
22Fußpunkt, so wie die gerade Linie von einem (durch den Mittel-
23punkt der Erde) zum andern, die Scheitellinie genennt werden.
24– Eben so wird er auch als größter Kreis, wie jeder andere, in
25360 Grade u.s.w. eingetheilt. Besonders wichtig aber ist seine Ein-
26theilung in vier Quadraten, deren Endpunkte die Weltgegenden,
27Ost, West, Süd, Nord oder Morgen, Abend, Mittag, Mitternacht
28heißen. Ihre Lage wird sich erst weiter unten bestimmen las-
29sen. Zwischen ihnen, als den vier Hauptgegenden befinden sich
30die 28 Nebengegenden, deren Benennungen aus den Namen der
31ersten zusammengesetzt sind. – Die eben erwähnten Grade | des21
32Horizonts, werden gewöhnlich vom Südpunkte aus, auf beyden
33Seiten fortgezählt, so daß man im Nordpunkte mit 180 Graden
34von beyden Seiten her zusammenkömmt. Bisweilen wird auch
35vom Ost- oder vom Westpunkte zu zählen angefangen.
36Jeder Ort der Erde hat wohl einen andern Horizont, aber jedes
37Ortes Horizont bleibt immer derselbe. Und so kann denn durch
38ihn die Lage Alles dessen, was sich über ihm im Himmel befindet,
39in Graden, Minuten und Sekunden genau bestimmt werden. Diese
40Bestimmung gilt natürlich nur für den Ort, auf welchem, – und
41wie wir sogleich sehen werden – auch nur für den Augenblick,