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hierbey nicht mehr thun, als daß man auch seine Meinung für
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die Nachwelt niederschreibt. Nur schade, daß es mit den
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Addressen an die Nachwelt fast eben die Bewandniß hat, wie mit
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mündlichen Addressen an die Menge. Geschrey geht immer
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weiter, als bescheidene Sprache. – Nun noch einen einzigen
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Punct. Hr. Mu macht sich mit einem Beyspiel, das er vom
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Crystallisations-Wasser herholt, sogar lustig über Hrn. de Lucs
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Theorie. Er meint man könne auf eben die Art beweisen, das
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Wasser habe sich da in Salz verwandelt. Recht gut. Was will er
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denn? Ist denn jenes crystallinische Salz ohne Wasser möglich?
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Ich sage der Grundstoff des Wassers (nicht das Wasser) und der
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Grundstoff des Salzes mache crystallinisches Salz; eines ist dazu
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so nöthig als das andere; in verbis simus faciles. Der Sprach-
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gebrauch ist allerdings zu respektiren, aber Gedanken-Reihen
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muß er nicht unterbrechen wollen. Im gemeinen Leben nennt
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man gewöhnlich Verwandlungen der Körper was eigentlich
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Zersetzungen oder Verbindungen sind, besonders in dem Falle,
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da der geschiedene oder verbundene Theil sich unsern Sinnen
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entziehet. So verwandelt, sagt man, das Feuer, Holz in Asche.
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Hier fällt die Absurdität des Ausdrucks in die Augen. Und eben
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so unrichtig ist es, zu sagen: bey gelindem Feuer werde der
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Branntwein in Wasser verwandelt. Sagt man hingegen: bey der
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Wärme verwandelte sich Eis in Wasser, oder Wasser in Dampf,
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so geht die Redensart schon leichter durch, aber sie ist nicht
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minder verwerflich, wenigstens beym wissenschaftlichen Vor-
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trage. Eis ist schlechterdings kein Wasser, denn es läßt sich
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pulverisiren, und Dampf ist kein | XLVIWasser, weil er nicht tropfbar
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ist. Das sind Unterschiede, die die neue Chemie in andern Fällen
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sehr gut beobachtet, wenn sie z. B. zwischen Salpetersäure und
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Salpeterluft distinguirt. Wer aber in der Welt will aufzählen, was
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aus dem Wasser werden kann? Vermuthlich ist es im Bergcrystall
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enthalten, von welchem es, so viel ich weiß, unser Feuer nicht
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mehr scheiden kann. Und es ist immer noch eine Frage ob es in
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unsern Salzen, denen man das sogenannte Crystallisations-
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Wasser geraubt hat, nicht demungeachtet noch enthalten sey.
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Wenn es also ein Aërisations-Wasser gibt, so wie wir ein Crystal-
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lisations-Wasser kennen, oder Wasser auf mannigfaltige Weise
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durch mancherley Stoffe auch aërisirt werden kann, so wie es