1III. Theorie der Erde.360
21. Entstehung der Erde.
3So gewiß es ist, daß wir bis jetzt kaum noch die Kruste unserer
4Erde kennen: so ist es doch einfältig zu sagen: man solle über
5ihre Entstehung und Bildung gar nicht fragen. Der Mensch ist nun
6einmahl ein Ursach suchendes Thier; bey Karrenstrafe läßt er sich
7das Forschen und Fragen nicht verbieten. Die Weisheit des Schöp-
8fers ist zwar in einem Baumblatte eben so groß, als in der Blüthe
9des Sternenhimmels. Allein wir lieben das Große und suchen auch
10davon die Ursachen und den Zusammenhang zu ergründeu. Und
11wie nützlich ist dieses nicht! Wäre unsere Bibel ein ganz simples
12Buch, wie viele Kenntnisse wären zurückgeblieben, die wir den
13manchfaltigen Versuchen, sie zu erklären, verdanken! – Also es |361
14liegt nichts Ungereimtes darin, über die Entstehung und Bildung
15unserer Erde zu ihrer gegenwärtigen Gestalt, nachzudenken, und
16den Gang zu erforschen, welchen die Natur dabey befolgte.
17Der sicherste Weg, den man hiezu einschlagen kann, ist wohl
18der: daß man von keinem Wunder ausgeht, sondern einen simpeln
19Zustand annimmt, darauf die Naturgesetze wirken, und so die
20Erde in der Gestalt hervortreten läßt, in welcher sie uns jetzt
21zu unserem Wohnplatze dient. Eine solche Theorie giebt es nun
22freylich noch nicht. Allein man muß das Ideal hoch stecken. Die
23demselben am nächsten kömmt, ist die vollkommenste.
24Es giebt bereits an 50 Theorien der Erde, wovon gewiß910
25wichtiger für die Geschichte des menschlichen Geistes, als für die
26Geschichte der Erde sind. Es ist unglaublich, was die Re|volu-362
27tionen auf der Erde für Revolutionen in den Köpfen nach sich
28gezogen haben. So wie man in der ersten, Seethiere auf den Spit-
29zen der Berge findet ohne eine Spur von See, weit und breit, so
30findet man in letztern mit Erstaunen, Conclusionen, ohne nur
31eine Spur von festen Prämissen, so weit nur das Auge reicht. Der
32Engländer Woodward, nahm an, um jene Revolutionen auf der
33Erde zu erklären, einige ewige Gesetze der Natur wärenad interim
34ein wenig aufgehoben worden: muß man nicht, um diese Revolu-
35tionen in den Köpfen zu erklären, annehmen, die Gesetze des Den-
36kens wären in denselben aufgehoben worden,ad interimwenig-
37stens? Wer sollte es glauben, daß man bey bestehenden Gesetzen