Physikalische Geographie, Meteorologie, Theorie der Erde.
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1von dem, mit welchem man auf einen Thurm oder hohen Berg
2steigt. Es giebt 16 Hypothesen über diese schwere Erscheinung;
3die 17te von Mussenbroeck ist aus jenen zusammengeflickt.
4Delüc recensirte sie alle, unterwarf sie der schärfsten Kritik, und
5erfand eine neue – die 18te, aber nahm sie bald wieder zurück.
6Daniel Bernoulli glaubte, daß zuweilen mehr Luft aus der Erde
7herauskomme, und da vergrößere sich die Luft um den vierzehn-
8ten Theil der ganzen Atmosphäre. Zu solchen desperaten Mitteln
9nahmen selbst große Männer ihre Zuflucht.
10Die größte Schwierigkeit ist, daß | das Barometer zwischen den352
11Wendekreisen fast gar nicht steigt und fällt. Zu Pondichery z.B. in
12Ostindien, verändert es seinen Stand gar nicht, und steht immer
13auf 28 Zoll. In St. Helena beträgt die jährliche Veränderung nur
14110von einer Linie; in Göttingen aber 2 Zoll, in Paris 3 Zoll.
15Die Erklärung dieser Schwierigkeit ist also der Prüfstein jeder
16Hypothese. Welche dieselbe nicht befriedigend erklärt, ist schon
17eo ipsofalsch. Dieß war denn auch der Fall mit der Delüc-
18schen. Er erklärte das Phänomen durch das Aufsteigen der Dün-
19ste, durch welche nach seiner Meynung der Druck der Luft ver-
20mindert würde, weil die Dünste leichter als die Luft sind. Allein
21zu Pondichery steigen auch Dünste auf und fällt Regen, und doch
22sind dort die Veränderungen der Barometerhöhen so unbeträcht-
23lich. Aber überdieß zeigte noch | Saussüre durch Versuche, daß353
24auch die feuchteste Luft das Barometer kaum um 2 oder 3 Linien
25fallen mache. Und sogleich gab Delüc seine Meynung wieder auf.
26Saussüre ist zwar sein heftiger Gegner. Dieß hinderte ihn doch
27nicht nachzugeben. Dem Philosophen ist die Wahrheit sogleich
28willkommen, sie komme von Feind oder Freund.
29Der Umstand, daß das Barometer zwischen den Wendekreisen
30sich nicht verändere, kann zur Wahrheit führen. Man darf nähm-
31lich nur fragen: wodurch sich jene Gegenden von den übrigen
32unterscheiden. Da findet man denn das Beständige der Wärme
33und der Winde. Und diese müssen unstreitig großen Einfluß auf
34das Barometer haben. Beobachtungen zeigen (Siehe allgemeine
35deutsche Bibl. Anhang zum 53 bis 86 Band, 2 Thl. Seite 687),
36daß bey gleichen Thermometerständen, auch die Barometerhöhen
37gleich sind. | Eben so gewiß ist es, daß wenn das Barometer schnell354
38fällt, es jedesmahl einen Sturm gebe. Und dieß Alles weiset auf
39den großen Einfluß der Wärme und der Winde auf das Steigen
40und Fallen des Barometers hin. Ja, vielleicht ist jener Einfluß
41vollkommen hinreichend, dieses Steigen und Fallen zu erklären.