Physikalische Geographie, Meteorologie, Theorie der Erde.
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1dene Meinungen lassen sich am bequemsten unter folgende zwey
2Abtheilungen bringen. Der aufgestiegene Wasserdampf ist in der
3Atmosphäre bis zu seinem Sichtbarwerden enthalten, entweder:
41. verändert; oder
52. unverändert.
6Erste Meynung.
7Die Anhänger dieser Meynung, nach welcher der aufgestiegene
8Dampf, nur in veränderter Form in der Atmosphäre enthalten
9seyn könne, theilen sich wieder in zwey Partheyen. Nach eini-
10gen wird das durch den Wärmestoff in Dampfgestalt aufgelö-
11ste Wasser, | durch die Luft, als chemisches Auflösungsmittel,190
12gänzlich zersetzt; es verliert seinen Wärmestoff und also seine
13ganze Dampfgestalt; es vereinigt sich mit der Luft, und ist in
14derselben wie ein aufgelöstes Salz in dem Wasser enthalten; es
15existirt nicht mehr für sich allein, in elastischer Form in der Atmo-
16sphäre. Nach andern hingegen wird es in Luft selbst verwandelt,
17so daß die ganze Atmosphäre nichts anders als ein permanenter
18Wasserdampf, oder ein Luftförmiges Wasser wäre. An der Spitze
19der erstern Parthey steht Saussüre, an der Spitze der letzteren,
20Deluc und sein großer Verehrer Lichtenberg.
21Der Behauptung der erstern Parthey, die den Wärmestoff nur
22als ein Anneigungsmittel für die Auflösung des Wassers durch
23die Luft betrachtet, d.h. die den Wärmestoff nur darum | für191
24nöthig hält, dem Wasser erst die Dampfgestalt zu geben, um es
25in dieser Zertheilung fähig zu machen, von der Luft aufgelöst
26zu werden; dieser Behauptung, ist die unbestrittene Thatsache
27entgegen, daß bey jeder Dampfzersetzung Wärme entstehet. Eine
28solche Zersetzung des Wasserdampfes wird ja aber von dieser
29Parthey angenommen. Sie behauptet, blos der ponderable Theil
30des Dampfs oder das Wasser, werde von der Luft aufgenommen
31und mit derselben vereinigt; der imponderable Theil aber, oder
32der Wärmestoff gelange zu seiner vorigen Freyheit. Dieser frey
33gewordene Wärmestoff müßte also nothwendig in der Luft um
34den ausdünstenden Körper herum eine beträchtliche Tempera-
35turerhöhung bewirken. Aber davon verspürt man nichts. Gerade
36das Gegentheil, eine Temperatur Verminderung erfolgt bey jeder
37Verdünstung; es entsteht dabey immer Kälte, wie so | eben bey der192
38ersten Frage erwähnt wurde; und dieß läßt sich schlechterdings