III. Physische Astronomie. 3. Vorrücken der Nachtgleichen.
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13. Vorrücken der Nachtgleichen.
2Man weiß, was die Nachtgleichen sind. Man versteht darunter
3diejenigen zwey einander gerade gegenüber stehenden Punkte
4der Ekliptik, in welchen sie vom Weltäquator durchschnitten
5wird, so wie die Zeit selbst, zu welcher dieß zweymahl im Jahr
6geschieht, da alle | Bewohner der Erde Tag und Nacht gleich582
7lang haben. Nun diese zwey Punkte der Ekliptik, die bekanntlich
8der Widder und Wage-Punkt, oder der Frühlings und Herbst-
9Aequinoctialpunkt heissen, sind nicht unveränderlich, sondern
10werden jährlich um etwas über 50 Sekunden im Bogenmaaße
11fortgerückt; und dieses Fortrücken wird eben das Vorrücken der
12Nachtgleichen(Praecessio aequinoctiorum)genannt. Es geschieht
13von Osten gegen Westen, oder gegen die Ordnung der Zeichen,
14und ist also eigentlich ein Rückwärtsgehen. Indeß das Phänomen
15wurde noch in jenen Zeiten bemerkt, wo das Vorwärts hieß, was
16sich von Osten nach Westen bewegte; und so blieb der Nahme
17und mag auch verbleiben. Jedermann weiß, daß man darunter das
18Zurückgehen der Aequinoctialpunkte(Retrogradatio punctorum
19aequinoctialium)zu verstehen habe.
20Es sey also Fig. 58 EL die Ekliptik, AQ der Aequator, a der
21Durchschnittspunkt von beyden, oder der An|fang der Ekliptik,583
22so schiebt sich dieser Punkt immer mehr gegen die Ordnung der
23Zeichen zurück, so daß er jetzt in l oder im Sternbild der Fische
24ist. Dieses Zurückschieben findet wirklich statt, und ist nicht
25scheinbar. Es beträgt jährlich 5013Sekunden∗, in 7112Jahren einen
26Grad, und in 25740 Jahren kömmt der Durchschnittspunkt mit
27dem Aequator ganz herum. Man nennt diesen Zeitraum das große
28oder Platonische Jahr.
29Hieraus ergiebt sich denn von selbst: daß die Sternbilder im584
30Thierkreise, gar nicht mehr mit denjenigen am Himmel über-
31einstimmen. Man muß also zwischen den astronomischen und