1Man hat diesen Luftarten erstaunlich viele Nahmen gegeben.96
2Das Sauerstoffgas, oder die dephlogistisirte Luft – wie es Lich-
3tenberg immer aus langer Angewöhnung nannte – hat allein
4dreyzehn Nahmen. Hier kömmt nun wieder die Terminologie der
5französischen Chemiker recht wohl zu statten. Ohne sie müßte
6man immer ein kleines Lexikon zur Hand haben. Welches Nah-
7mens sich auch immer ein Schriftsteller für eine Luftart bediene:
8so setzt er auch den französischen hinzu; und da ist man sogleich
9im Reinen. In der deutschen Sprache, fangen die in der Tabelle
10angeführten Benennungen an, die gangbaresten zu werden: nur
11daß noch häufig für Sauerstoffgas dephlogistisirte Luft; für Schwe-
12fel-Wasserstoffgas, hepatische Luft; für Wasserstoffgas, inflam-
13mable Luft; für Kohlenstoffsaures Gas, fixe Luft, und für Stick-
14stoffgas, phlogistisirte Luft vorkommt.
15Wie wichtig eine nähere Untersuchung dieser Luftarten sey, ist97
16wohl kaum nöthig anzuführen. – »Durch sie – sagt Lichtenberg
17im Erxlebenschen Compendio – haben wir erst unsere eigene
18Luft recht kennen gelernt, ganz neue Aufschlüsse über die Natur
19des Feuers bekommen, neue Verhältnisse der Thiere und Pflanzen
20gegen einander entdeckt, neue und sehr einfache Wege gefunden,
21die feurigen Erscheinungen in der Natur zu erklären, des Lichts
22nicht zu gedenken, das durch sie unsere Kenntniß der Körper
23überhaupt erhalten hat, da wir nun sehen, wie durch eine ganz
24leichte Operation feste Körper in für sich permanente, elasti-
25sche Flüssigkeiten, und umgekehrt, elastische, für sich perma-
26nente Flüssigkeiten in feste Körper verwandelt werden können,
27ein Prozeß, wovon wahrscheinlich die Natur sehr häufig in ihrer
28Haushaltung Gebrauch macht. Man ist durch sie der Kenntniß
29der | eigentlichen Ursache der Brennbarkeit um ein merkliches98
30näher gekommen; auf ihre verschiedenen spezifischen Schweren
31sowohl, als Elastizitäten, gründen sich Maschienen, mit denen
32man die Luft beschifft hat u.s.w.«
33Ehe man zur nähern Untersuchung dieser Luftarten übergeht,
34muß man sich mit dem Manövre bekannt machen, dessen man
35sich beym Umgießen derselben bedient. – In einem Glase ist atmo-
36sphärische Luft. Will man Wasser hineingießen, so verfährt man
37auf die bekannte Art. Man darf nicht dafür sorgen, daß das Glas
38vorher von der atmosphärischen Luft leer gemacht werde, um
39dem Wasser Platz zu machen; denn die Luft, weil sie 800 Mahl
40leichter ist, als das Wasser, strömt von sich selbst über, sobald die-
41ses in das Glas gegossen wird. – So ist es schon nicht, wenn man in