1Ein ganz adäquates Beyspiel ist auch das Scheibenschießen. Es
2ist im Grunde einerley, ob man die Kugel in die Scheibe schießt,
3oder, wenn die Kugel befestigt wäre, und die Scheibe derselben
4entgegen käme. Könnte man nämlich die Scheibe mit eben der
5Geschwindigkeit gegen die ruhende Kugel treiben, mit welcher
6diese durch das Schießpulver getrieben wird, so würde dieselbe
7sich eben so gut wund schlagen, als wenn sie durchgeschossen
8worden wäre, weil, wie gesagt, die Trägheit der Kugel nicht ver-
9statten würde, daß sie plötzlich in eine solche Bewegung gerathe,
10als die Scheibe erfordert. – Eben darum fühlt man auch Schmer-
11zen, wenn man mit der flachen Hand gegen das Wasser schlägt.
12Ja, könnte man mit einer ungeheu|ern Geschwindigkeit dagegen128
13schlagen, so würde die Hand dadurch eben so gut vernichtet
14werden, als wenn man sie vor die Mündung einer losgehenden
15Kanone hielte.
16Wenn man den langen Stiel von den weißen irrdenen Tabaks-
17pfeifen an zwey Haaren hält, und mit einem Prügel auf den Pfei-
18fenstiel schlagen läßt, so geht derselbe entzwey, aber die Haare
19reißen nicht. – Die Verbindung des Pfeifenstiels mit den Haaren
20ist nämlich nicht so genau, daß der Schlag, den jener leidet, sich
21diesen in dem Augenblick mittheilte, und sie so spannte, daß
22sie reißen müßten. Ehe der Pfeifenstiel vermöge seiner Trägheit
23die Haare so spannen kann, daß sie reißen müßten, wird er in
24Trümmer zerbrochen.
25Wenn man in einem Glas ohne Wasser die Spitze von einer
26Glasthräne (lacryma vitrea) abzwackt, so | bleibt das Glas ganz;129
27geschieht es aber in einem mit Wasser gefüllten Glase, so geht das-
28selbe kaput. Man bemerkt an dem Glase immer gewisse Linien.
29– Das nämliche ist mit einem Faß der Fall, wenn in demselben
30Pulver angezündet wird. Ist das Faß leer, so läuft die Opera-
31tion ohne Schaden ab. Ist es aber mit Wasser gefüllt, so geht es
32in Trümmern und selbst die dicksten Dauben desselben brechen
33entzwey.∗– Es hat hiemit | folgende Bewandtniß. Wenn man130
34in ein mit Wasser gefülltes Gefäß eine Blase taucht, an deren