II. 3. Von den wässerichten Lufterscheinungen.
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1einer andern, als in der eines Kreises, von welchem mein Auge
2der Pol ist, die eben gedachte Linie aus der Sonne, durch sei-
3nen Mittelpunkt als Axe geht, und von welchem ich, aus gleich
4anzuführenden Ursachen, höchstens die Hälfte sehen kann. Man
5denke sich einen kegelförmigen Korb und aus der Spitze dessel-
6ben auf den Mittelpunkt des Bodens einen Stab, der dessen Axe
7vor|stelle. Man lasse alle vertikalen Zweige, bey der Spitze einen268
8Winkel von 42°bilden: so hat man eine versinnlichte Vorstellung
9von den rothen Strahlen beym Regenbogen. Die Spitze dieses
10kegelförmigen Korbes ist unser Auge, der Boden die Regenwand,
11die Axe die vorhingenannte Linie aus der Sonne, und die vertika-
12len Zweige, oder wenn man sich der größern Deutlichkeit wegen,
13den Korb als liegend vorstellt, die horizontal laufenden, sind die
14rothen Strahlen, die in unser Auge gelangen. – Was nun von
15den rothen Strahlen gilt, gilt auch von den übrigen. Und so muß
16sich denn nothwendig ein siebenfach gefärbter Bogen am Himmel
17bilden – und der Regenbogen steht in seiner ganzen Glorie da, vor-
18ausgesetzt, daß die Tropfenwand an den gehörigen Stellen nicht
19unterbrochen ist. Ist dieß der Fall, und regnet z.B. eine Wolke
20nicht an allen Stellen, oder stehen nur einzelne unterbrochene
21Regenwolken am Him|mel, so sieht man auch nur an den Stellen,269
22wo wirklich Tropfen sind, einzelne Stücke des Regenbogens, die
23man denn gewöhnlich Regengallen (irides partiales) nennt.
24Aus dem Bisherigen ergeben sich nun leicht über den Regenbo-
25gen folgende Schlüsse und Resultate:
261. Man muß die Sonne im Rücken und den Regen vor sich
27haben, wenn man einen Regenbogen sehen soll. Es kann also
28niemahls ein Regenbogen im Süden erscheinen, weil wir die
29Sonne niemahls im Norden haben. Auch gegen Norden, wird
30die Erscheinung eines Regenbogens selten seyn. Wir haben
31wohl die Sonne öfters im Süden; aber dieß ist im Winter, und
32da regnet es bey uns sehr selten.
332. Jeder sieht seinen eigenen Regenbogen, und in jedem Augen-
34blicke einen andern. Jedes Auge hat ja eine andere Lage gegen
35die Tropfenwand; und mit der täg|lichen scheinbaren Bewe-270
36gung der Sonne am Himmel, ändert sich auch in jedem Augen-
37blicke die Lage der einfallenden Sonnenstrahlen gegen die
38Tropfen der Regenwand.
393. Je dunkler die Wolke hinter dem Regenbogen ist, desto lebhaf-
40ter erscheinen die Farben desselben. Es giebt dann nähmlich