Georg Christoph Lichtenberg

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Seite 155

Band 3 - III. Von der Bewegung überhaupt - Heffte

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0
1 lich daß wir kein anderes Criterium von der Menge der Masse
2 haben als die Quantitates motus bey gleicher Geschwindigkeit.81
3 Nun zu der Trägheit.
4 Das Gesetz simpel memorirt. Das Unvermögen, oder die Unfä-
5 higkeit der Materie sich selbst zu Veränderungen zu determini-
6 ren, wenn sie ruht, oder zur Ruhe wenn sie bewegt.82 Eben so
7 wenig kan sie auch ihre Richtung ändern, weil dieses eine neue
8 Bewegung nach der Seite wäre, oder ihre Geschwindigkeit verän-
9 dern, weil die Langsamere eine Disp. zur Ruhe, und die Be-
10 schleunigte eine neue hinzugekommene Geschw. wäre.
11 Dieses Gesetz wird so ausgedrückt:
12 Jeder Körper der ruht ruht in alle Ewigkeit. Der der sich bewegt
13 bewegt sich in einer gerade Linie in alle Ewigkeit. – Der Wurf.
14 vertical aufwärts. schräg.83
15 In dieser Rücksicht heißt sie auch Beharrungs Vermögen. – Hier
16 ist kein Streit. Diese wäre das Beharrungs Vermögen bloß in den
17 Körpern selbst betrachtet, ohne Rücksicht auf die sein Verhält-
18 niß gegen andere zu nehmen.
19 Allein wenn ich einen Körper, der ruht aus seiner Ruhe bringen
20 will, so empfinde ich einen Widerstand.
21 Ich muß Krafft anwenden und da fragt sich:
22 Ist dieser Widerstand eine bloße Folge jenes Beharrungsvermö-
23 gens, oder nicht? Ohne mich hier in Erzählung der Streitigkeiten
24 einzulassen will ich die Sache vielmehr so vorstellen, wie sie sich
25 die größten Männer, Mathematiker wie Me|17r = Bchaniker gedacht
26 haben­.
27 Dieses Verfahren hat hier das Gute, daß es dazu beitragen wird
28 das zu verstehen was Herr Kant der zwischen jenem bloß passi-
29 ven Beharrungs und diesem Activen Widerstand distinguirt dar-
30 wider gesagt hat,84 dessen Gründe so gantz mit dem übrigen sei-
31 nes Buches verwebt ist[!], daß es sich unmöglich würde erklären
32 lassen, ohne jenes Buch tractirt zu haben.85 Es hat ausserdem

Textkritischer Kommentar

155 5  zu Veränderungen]
155für zur Bewegung
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155 9  Langsamere]
155davor gestr. zur Ruhe eine
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155 15 – 16  Hier … Streit.]
155gestr. und wieder gültig gemacht
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155 16 – 18  Diese … nehmen.]
155erg.
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155 19  wenn]
155für nun entsteht die Frage kann
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155 21 
155erg.
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155 22  Widerstand]
155danach gestr. und fragt sich
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155 23  oder nicht?]
155für oder ist es eine eigene Krafft der Materie eine Krafft des Widerstandes in ihr
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155 27 – 156,11 
155erg.
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155 28 – 29  der … distinguirt]
155erg.
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155 32 – 156,2  Es … pp]
155erg.
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Textkritischer Kommentar (Randtext)

Anmerkungen

517 81 
517 „Die Quantität der Materie kann in Vergleichung mit jeder anderen nur durch die Quantität der Bewegung bei gegebener Geschwindigkeit geschätzt werden“ (MAdN, 92 (Mechanik, Lehrsatz 1) = KA 4, 537).
anmerkung 191084
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517 82 
517 „Die Trägheit der Materie ist und bedeutet nichts anders, als ihre Leblosigkeit, als Materie an sich selbst. […] Aus eben demselben Begriffe der Trägheit, als bloßer Leblosigkeit, fließt von selbst, daß sie nicht ein positives­ Bestreben seinen Zustand zu erhalten bedeute. Nur lebende Wesen werden in diesem letzteren Verstande träg genannt, weil sie eine Vorstellung von einem anderen Zustande haben, den sie verabscheuen, und ihre Kraft dagegen anstrengen.“ So sagt es Kant in der Anmerkung zu Lehrsatz 3 der Mechanik (MAdN, 100 f. = KA 4, 544); dieser von Kant „Zweites Gesetz der Mechanik“ genannte Lehrsatz ist nichts anderes als Newtons Trägheitsgesetz in Kants Worten: „Alle Veränderung der Materie hat eine äußere Ursache. (Ein jeder Körper beharrt in seinem Zustande der Ruhe oder Bewegung, in derselben Richtung und mit derselben Geschwindigkeit, wenn er nicht durch eine äußere Ursache genötigt wird, diesen Zustand zu verlassen.)“ (MAdN, 99 f. = KA 4, 543.)
anmerkung 191086
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517 83 
517 In beiden Fällen setzt sich die resultierende Bewegung zusammen aus einer geradling-gleichförmigen und einer infolge der Erdanziehung gleichförmig beschleunigten Bewegung.|
anmerkung 191088
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518 84 
518 Kant formuliert (MAdN, 101 = KA 4, 544): „Drittes mechanisches Gesetz: In aller Mitteilung der Bewegung sind Wirkung und Gegenwirkung einander jederzeit gleich.“ Nach Beweis und Zusätzen folgt in Anm. 1 (MAdN­, 106 = KA 4, 549): „Dies ist also die Konstruktion der Mitteilung der Bewegung, welche zugleich das Gesetz der Gleichheit der Wirkung und Gegenwirkung, als notwendige Bedingung derselben, bei sich führt, welches Newton sich gar nicht getrauete a priori zu beweisen, sondern sich deshalb auf Erfahrung berief, welchem zu Gefallen andere eine besondere Kraft der Materie, unter dem von Keplern zuerst angeführten Namen der Trägheitskraft (vis inertiae) in der Naturwissenschaft einführten, und also im Grunde es auch von Erfahrung ableiteten.“ Und in Anm. 2 fordert Kant (MAdN­, 108 f. = KA 4, 550 f.): „Die Benennung der Trägheitskraft (vis inertiae) muß also, unerachtet des berühmten Namens ihres Urhebers, aus der Naturwissenschaft gänzlich weggeschafft werden, nicht allein weil sie einen Widerspruch­ im Ausdrucke selbst bei sich führt, oder auch deswegen, weil das Gesetz der Trägheit (Leblosigkeit) dadurch leicht mit dem Gesetze der Gegenwirkung in jeder mitgeteilten Bewegung verwechselt werden könnte, sondern vornehmlich, weil dadurch die irrige Vorstellung derer, die der mechanischen­ Gesetze nicht recht kundig sind, erhalten und bestärkt wird, nach welcher die Gegenwirkung der Körper, von der unter dem Namen der Trägheitskraft die Rede ist, darin bestehe, daß die Bewegung dadurch in der Welt aufgezehrt, vermindert oder vertilgt, nicht aber die bloße Mitteilung derselben dadurch bewirkt werde, indem nämlich der bewegende Körper einen Teil seiner Bewegung bloß dazu aufwenden müßte, um die Trägheit des ruhenden zu überwinden (welches denn reiner Verlust wäre), mit dem übrigen Teile allein könne er den letzteren in Bewegung setzen; bliebe ihm aber nichts übrig, so würde er durch seinen Stoß den letzteren, seiner großen Masse wegen, gar nicht in Bewegung bringen. Einer Bewegung kann nichts widerstehen, als entgegengesetzte Bewegung eines anderen, keinesweges aber dessen Ruhe. Hier ist also nicht Trägheit der Materie, d. i. bloßes Unvermögen sich von selbst zu bewegen, die Ursache eines Widerstandes. Eine besondere ganz eigentümliche Kraft, bloß um zu widerstehen, ohne einen Körper bewegen zu können, wäre unter dem Namen einer Trägheitskraft ein Wort ohne alle Bedeutung.“
anmerkung 191097
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518 85 
518 Nämlich die MAdN.
anmerkung 191098
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Anmerkungen

Herausgeberkorrekturen am Drucktext

Marginalien zur sechsten Auflage

Anmerkungen von Lichtenberg

Registereinträge

0 183210 Verzeichnis der edierten Handschriften ~ NL VII D 2 ~ Bl. 17. 30036 3 155 25 17r siehe Gesamtregister.
0 183210 Sachregister ~ Masse ~ Messung. 18225 3 155 1 lichtenberg Criterium von der Menge der Masse siehe Gesamtregister.
0 183210 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Schriften ~ Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (1786). 7079 3 155 31 lichtenberg Buches siehe Gesamtregister.
0 183210 646248 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Schriften ~ Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (1786) ~ Hrsg. von K. Pollok 1997. 7080 3 517 81 MAdN siehe Gesamtregister.
0 183210 646250 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Schriften ~ Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (1786) ~ Hrsg. von K. Pollok 1997. 7080 3 517 82 MAdN MAdN siehe Gesamtregister.
0 183210 646261 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Schriften ~ Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (1786) ~ Hrsg. von K. Pollok 1997. 7080 3 518 84 MAdN MAdN­ MAdN­ siehe Gesamtregister.
0 183210 Personenregister ~ Kant, Immanuel ~ Trägheit. 18344 3 155 28 lichtenberg Kant siehe Gesamtregister.
0 183210 Sachregister ~ reactio. 4115 3 155 20 lichtenberg Widerstand siehe Gesamtregister.
0 183210 Sachregister ~ Trägheit. 4588 3 155 3 lichtenberg Nun zu der Trägheit. siehe Gesamtregister.
0 183210 Sachregister ~ Wurf ~ schiefer. 4953 3 155 14 lichtenberg schräg siehe Gesamtregister.
0 183210 Sachregister ~ Wurf ~ senkrecht nach oben. 4956 3 155 13-14 lichtenberg Wurf. vertical aufwärts siehe Gesamtregister.
0 183210 646250 Personenregister ~ Newton, Isaac ~ Mechanik ~ Trägheit. 5609 3 517 82 Newtons siehe Gesamtregister.
1436439147431

Abbildungen

Digitalisate

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018321031552501handschriftVNat_3VII-D2-17r.jpg17r = B VII D 2, 17r = B
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